Dezember 2019

Von Ascona über Holland, London, Paris bis Zürich: Das Adressbuch der Pianistin Elly Ney

Adressbuch von Elly Ney, [o.O.], November [19]30. Signatur: Rara/FMG Ney,E.7 © Archiv fmg


Als Schenkung von Eva Rieger kam 2019 ein Adressbuch von Elly Ney (1882─1968) in die Sammlung des Forschungszentrums. Der in dunkles Leder gebundene Band (9x13cm) enthält viele US-amerikanische Anschriften, stammt also offensichtlich aus der Zeit, in der Elly Ney als konzertierende Pianistin zwischen den Kontinenten pendelte. Dies bestätigt ein Vermerk von Elly Ney auf der hinteren Innenseite, auf der sie ihre Kleidermaße aufschreibt und die Datierung „Nov. 30“ hinzufügt.

Elly Ney widmete sich nach kurzer Lehrtätigkeit am Kölner Konservatorium (1904─1907) ganz ihrer pianistischen Karriere, folgte einer Einladung in die USA und spielte bei ihrem dortigen Debüt-Konzert am 15. Oktober 1921 ein reines Beethoven-Programm. Seit den 1920er-Jahren galt sie als Beethoven-Spezialistin und konnte sich als einzige Pianistin ihrer Zeit als Beethoven-Interpretin durchsetzen.

Elly Ney hat nicht Namen in alphabetischer Ordnung in dieses interkontinentale Adressbuch geschrieben, sondern sie trägt in das Alphabet Orte und Länder ein – von Ascona über Holland, London, Paris bis Zürich – und listet darunter Menschen aus Musik und Alltag auf, die für sie wichtig sind. Unter Berlin steht die Anschrift eines Koffergeschäfts und eines Rohkostgeschäfts neben den Namen Wilhelm Kempf und Bruno Walter, in Chicago steht der „Gibbs Beauty shop“ neben der „Chicago Trust Company“ und der mit rotem Buntstift eingetragenen Bemerkung, Ruth Crawford sein eine „gute Componistin“. Unter E findet sich das Stichwort „Erholung“ mit Verweis auf Partenkirchen, die Villa Kaiser in Pasing, das Kurheim Martens in St. Gallen, ein Sanatorium in Bad Kissingen sowie die Dolomiten (Innichen und Toblach). Unter London findet sich die Imperial Concert Agency neben einem „Vegetarian Restaurant“ und dem „Royal Court Hotel“, und auch in München ist das bunte Nebeneinander des Nützlichen nicht kleiner: ein Graphologe, ein Augenarzt, ein Dampfbad, Telefonnummern von Konsulaten (Amerika, Holland, England) stehen neben der Tanzgruppe („Tanz od. Gymnastik“) von Dorothee Günther.

Text: Prof. Dr. Susanne Rode-Breymann

 
Elly Ney, 1900 (George Grantham Bain Collection, Library of Congress)

Zuletzt bearbeitet: 21.01.2020

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