Oktober 2019

„Only a few hasty lines…“ – Konzertorganisation einer Sängerin auf Reisen

Brief von Minnie Hauk an Mr. Kaufmann, St. Petersburg, 5. Dezember 1888. Seite 1 und 4. Signatur: Rara/FMG Hauk,M.2/2 © Archiv fmg


Im vorliegenden Brief fragt Minnie Hauk ihren Briefpartner nach dem Renommee verschiedener Konzertstätten in Berlin und bittet um seine schnelle Einschätzung und Antwort, da sie die Anfragen beantworten müsse. Amalia Mignon Hauck, genannt Minnie Hauk, wurde am 16. November 1851 in New York geboren. Sie trat bereits als Neunjährige öffentlich als Sängerin auf und debütierte im Alter von 15 Jahren als Opernsängerin in New York. Zwischen 1868 und 1878 tourte sie durch ganz Europa, die folgenden 10 Jahre hielt sie sich überwiegend in den USA auf. Im Jahr 1888 begab sie sich mit ihrem Mann auf eine zweimonatige Konzertreise durch Deutschland und Russland, wo während ihres mehrtägigen Aufenthalts in St. Petersburg der vorliegende Brief entstand. 

Minnie Hauk verbringt den Tag nicht oder nicht nur, um sich St. Petersburg anzuschauen oder sich auszuruhen, sondern nutzt einen freien Tag zwischen zwei Konzerten, um ihre Konzert- und Reisetätigkeit für das kommende Jahr 1889 zu planen. Die einleitenden Worte des Briefes – „Only a few hasty lines…“ – suggerieren, dass sie nur ein kleines Zeitfenster hat, um Briefe mit Anfragen für Auftritte, die sie im Gepäck hat, eilig abzuarbeiten. Sie hat einen Teil ihres beruflichen Netzwerkes auf Reisen dabei, um künftige Konzertreisen vorzubereiten. Gedanklich begibt sie sich in die Zukunft und an einen anderen Ort, nämlich Berlin. Minnie Hauk betont im Brief, wie gerne sie in Berlin singen würde, äußert aber ihre Unsicherheit, welche Orte dafür geeignet wären. Keinesfalls möchte sie in einem Haus singen, das nicht so erstklassig sei wie die Sing-Akademie, weshalb sie in Erwägung zieht, nur in der Sing-Akademie zu konzertieren. Die Sängerin ist um ihren guten Ruf besorgt und versucht, sich Rat von einer Person zu holen, die sie für kompetenter in der Bewertung der Konzertstätten hält als sich selbst. Sie nutzt ihr berufliches Netzwerk nicht nur für die Akquise neuer Auftrittsorte, sondern auch dafür, ihren sozialen Status als hochangesehene Sängerin zu bewahren. Dabei versäumt sie nicht, dem Empfänger des Briefes ihre Moskauer Adresse und den Zeitraum, in dem diese gültig ist, mitzuteilen, damit der dringend erbetene Antwortbrief sie auch erreichen kann.

Text: Dr. Katharina Talkner

 
Minnie Hauk. [o.O., o.D.]. Signatur: Rara/FMG Hauk,M.2/1 © Archiv fmg

Zuletzt bearbeitet: 20.01.2020

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