Mai 2020

„…denn H.ette Sontag hat […] kein Tagebuch geführt…“ – Wie ein Verehrer die Geschichte der verehrten Sängerin schreibt

Einband des Albums mit Quellenmaterial von und zu Henriette Sontag, 1838–1855. Signatur: Rara/FMG Sontag,H.8 © Archiv fmg


Seit Februar 2014 befindet sich in der Sammlung des Forschungszentrums Musik und Gender ein Album mit gut 500 Stücken, auf das in goldenen Lettern der Name „Henriette Rossi Sontag“ geprägt wurde. Henriette Sontag (1806–1854) war zu Lebzeiten eine der berühmtesten Sängerinnen Europas. Bereits als Kind und Jugendliche bereiste sie die Musikmetropolen des Kontinents und gab zahlreiche erfolgreiche Konzerte. Nach der Heirat mit dem Diplomaten Carlo Rossi 1827 zog sie sich von der Bühne zurück und lebte als Mutter und Diplomaten-Ehefrau u.a. in St. Petersburg und Berlin. Nach den politischen Unruhen 1848 und der daraus resultierenden Arbeitslosigkeit des Ehemanns, eroberte die Sängerin nach über 20 Jahren Bühnenpause als Madame Sontag die Opern- und Konzertwelt zurück und konnte zur Überraschung der Kritiker ihre frühen Erfolge noch übertreffen. Konzertreisen führten sie dann nicht nur durch ganz Europa, sondern auch in die USA und Mexiko, wo sie sich mit dem Cholera-Virus infizierte und nur wenige Tage später, am 17. Juni 1854 starb.

Ankündigung eines Wohltätigkeitskonzertes am 22. Juli 1852 in Bad Ems, an dem Henriette Sontag mitwirkte. Der beigefügte Zeitungsausschnitt belegt, in welcher Höhe die Einnahmen des Konzertes den Armen zugute kamen.


Die Quelle im fmg wurde von einem großen Verehrer der Madame Sontag angelegt. Auf den Sammler deuten nur wenige Hinweise zu Beginn des Albums, darunter die handschriftliche Einleitung, in der er knapp beschreibt, dass er im Album eine Übersicht der Opern angefertigt habe, „in welchen die Künstlerin seit ihrer Jugend gesungen hat.“ Dennoch lassen sich durch die Anordnung der Stücke und die Art des Sammelns zahlreiche Hinweise auf die Person und ihre Beziehung zu Sontag feststellen. Diese deuten auf Joseph Zocchi di Morecci, pensionierter kaiserlich-königlicher Generalmajor und Ritter hin. Er sammelte Zeitungsausschnitte, Zeichnungen, Programmhefte und Briefe aus der Zeit der „zweiten Karriere“ der Sängerin, wohl um damit eine Dokumentationslücke zu schließen, damit die Sängerin nicht in Vergessenheit gerät. In der Sammlung finden sich einige Autographe der Sängerin, sowie Briefe ihres Mannes, einer Tochter und weiterer Sontag-Verehrer. Zocchi ordnete die Inhalte des Albums nicht chronologisch, sondern thematisch und nach Art des Mediums (z.B. Briefe). Einige Stücke deuten darauf hin, dass er sie aus dem Ausland bezog, z.B. Zeitungsartikel und Plakate, oder der Sängerin zu ihren Konzerten nachgereist war. So finden sich u.a. Quellen aus den USA und Mexiko in der Sammlung. Er scheute augenscheinlich keinen Aufwand, ein möglichst umfangreiches Sontag-Bild für die Nachwelt zu hinterlassen. 

Text: Lisa Sohm

 
Porträt von Henriette Sontag. Lithographie: Bülow. Druck: J. Hesse, Berlin (Verlag F. Sala & Co.), [um 1852]. Signatur: Rara/FMG Sontag,H.5 © Archiv fmg

Zuletzt bearbeitet: 06.01.2021

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