Lebenswege von Musikerinnen
Leitung: Dr. Melanie Unseld
Mitarbeiterinnen: Anne-Bärbel Frassine, Anna Langenbruch, Janina Wronka
Ausgangslage
Lebenswege von Musikerinnen sind – wie weibliche Biographien generell – oftmals weitaus weniger geradlinig als es das Personalchefideal vom "lückenlosen Lebenslauf" vorschreibt. Es besteht der begründete Verdacht, dass sich die wissenschaftlich-künstlerisch zielgerichtete Idealbiographie an männlichen Lebenswegen orientiert und dabei weibliche Komponenten wie Geburt und Kindererziehungszeiten auslässt. Statistisch nachweisen lässt sich zugleich die starke Abnahme des Frauenanteils in einflussreichen Positionen, sowohl innerhalb der Hochschulen als auch außerhalb, etwa in künstlerischen Institutionen (Orchestern etc.).
Diese allgemein zu beobachtende Tendenz verschärft sich in Anbetracht von Mittelkürzungen im Kultur- und Musikbetrieb: Hoch qualifizierte Musikerinnen konkurrieren mit ihren männlichen Mitbewerbern auf dem sich immer schwieriger gestaltenden Musikmarkt, der sich ohnehin zum Teil erst in den letzten Jahrzehnten überhaupt für Frauen zu öffnen begonnen hatte. Jeder biographisch motivierte Nachteil (z.B. Karrierepausen während der Zeit der Familiengründung) fällt dabei besonders negativ ins Gewicht. Zu beobachten ist gleichzeitig, dass sich Studentinnen dieses Problems erst relativ spät bewusst werden und diesbezügliche Beratungsangebote (z.B. während ihres Studiums) nur zögernd in Anspruch nehmen.
Erkenntnisinteresse
Ziel der Studie ist es, zunächst den Ist-Zustand zu dokumentieren. U.a. stehen dabei folgende Fragestellungen im Zentrum: Welche Karrierewege haben Musikerinnen in den letzten Jahrzehnten eingeschlagen? Welche Förderungen und/oder Behinderungen haben sie dabei erfahren? Wenn ja, wo gab es Brüche und unter welchen Prämissen fanden diese statt? Welches Persönlichkeitsprofil und welche biographische Ausgangslage (u.a. Berufstätigkeit der Mutter, künstlerische Vorbilder) spielten eine prägende Rolle?
In einem zweiten Schritt soll die Studie Aufschluss darüber geben, an welchen Punkten die Lebensläufe von Musikerinnen besonders gefährdet sind und welche Grunddispositionen in der Biographie, der Ausbildung u.a. Faktoren eine musikalische Karriere befördern resp. behindern. Die Studie soll auf diese Weise darüber Aufschluss geben, auf welche Weise und an welchen Punkten Fördermaßnahmen und/oder Beratungen besonders effektiv eingesetzt werden können, um Musikerinnen früh für das Problem zu sensibilisieren und sie damit für ihren beruflichen Weg zu stabilisieren.
Empirische Erhebung und Stand der Forschung
Anhand von zwei empirischen Erhebungen, die im Jahr 2005/06 vorbereitet und durchgeführt wurden, liegt Datenmaterial in Form von mehreren qualitativen Interviews und in Form einer Befragung mit Fragebögen (quantitative Erfassung) von Musikstudentinnen und berufstätigen Musikerinnen zwischen 20 und 60 Jahren vor. Im Rahmen der quantitativen Befragung wurden 150 Fragebögen an Frauen an der Musikhochschule Hannover und der Musikhochschule Köln verteilt, der Rücklauf lag bei etwa 50%.
Beide Erhebungen werden derzeit ausgewertet, mit ersten Ergebnissen ist im ersten Halbjahr 2007 zu rechnen. Die Ergebnisse sollen auch für eine weiterführende Studie zur Präzisierung der Fragestellungen beitragen.
Zuletzt bearbeitet: 19.12.2016
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