Musik und Vergnügen am Hohen Ufer. Fest- und Kulturtransfer von Venedig nach Hannover in der Frühen Neuzeit

Internationale und interdisziplinäre Doppeltagung (Teil 1)

4.-5. Dezember 2014, Tagungszentrum Schloss Herrenhausen, Hannover

Im Jahr 2014 gedenkt Hannover des 300-jährigen Jubiläums der Personalunion des Verbunds zwischen Hannover und der Englischen Krone 1714-2014. Dies nehmen die Veranstalter zum Anlass, eine internationale und interdisziplinäre Tagung zum Thema „Musik und Vergnügen am Hohen Ufer. Fest- und Kulturtransfer zwischen Hannover und Venedig“ zu veranstalten und somit der traditionellen Achse zwischen Hannover und Venedig zu gedenken, die zu Zeiten der Karnevals- und Theatersaison besonders gepflegt wurde.

Die Tagung widmet sich erstmals dezidiert der Festkultur Hannovers in der Frühen Neuzeit und hat sich zum Ziel gesetzt, den Transfer der Musik- und Festkultur zwischen Venedig und Hannover sowie deren Bedeutung für den Hannoverschen Hof und für Hannover als Residenzstadt analytisch zu erfassen und mit ausgewiesenen Experten interdisziplinär zu diskutieren. Dabei wird auch die Musik- und Festkultur anderer Residenzen und Städte nördlich der Alpen in den Blick genommen. Dem höfischen Selbstverständnis der Neuzeit folgend, die eigene Macht durch die Inszenierung und den Genuss von Festen zu zelebrieren, reisten die Welfen über Jahrzehnte nach Venedig, unterhielten dort den Palazzo Ca’ Foscari am Canal Grande sowie Theaterlogen und Hausgondeln, mit denen man sich in die Theater und zu gesellschaftlichen Empfängen rudern ließ. Die Theater- und Vergnügungskultur in der Lagunenstadt war insbesondere zur Karnevalszeit eine besonders ausgeprägte. Georg Wilhelm begann in den 1660er Jahren, venezianische Festtraditionen wie den Karneval – eine katholische Volkstradition – am protestantischen Hof in Hannover zu etablieren. Die durch Venedig motivierte Festkultur umfasste Umzüge und Prozessionen ebenso wie Opern- und Theateraufführungen und reichte von Turnieren, Jagdereignissen und Banketten über Masken- und Kostümbälle bis hin zu venezianischen Gondelfahrten auf der Graft. Diese Traditionen hatten die Welfen in Venedig kennen und lieben gelernt und suchten sie am heimischen Hof zu imitieren und zu etablieren. Der Kulturtransfer gipfelte bekanntlich darin, dass Herzog Ernst August 1688 ein eigenes, nach venezianischem Vorbild gestaltetes Opernhaus erbauen ließ, italienische Sänger engagierte und den in Castelfranco gebürtigen Venezianer Agostino Steffani (1654-1728) als Hofkapellmeister anstellte.

Dass die Venedig-Reisen für die Etablierung eine Musik- und Festkultur nördlich der Alpen von zentraler Bedeutung war, ist in der Forschungsliteratur allgemeiner Konsens. Wie jedoch genau der Kulturtransfer vonstatten ging, welche Kulturgüter von wem wann in welcher Form transferiert wurden und vor allem die musikwissenschaftliche Auswertung von Festen und deren Transfer gilt nach wie vor als Forschungsdesiderat.

Die Fest- und Vergnügungskultur ist selbst interdisziplinär. Sie ist oftmals flüchtig und unwiederholbar und lebt vom Miteinander der Sinnesgenüsse, des Hörens, Sehens und Tastens. Daraus folgen Herausforderungen und Chancen der kulturwissenschaftlichen Erforschung: Hinweise zur musikalischen Faktur von Festmusiken sind nur in Einzelfällen vorhanden. Zudem sind Festmusiken heute oftmals unbekannt und hierfür zentrale Gattungen, wie z.B. die Serenata, zeigen ihre historische Relevanz erst in einer kontextbezogenen Interpretation. Die Betrachtung der Musik selbst fordert hier daher im verstärkten Maß die interdisziplinäre Flankierung durch kunst-, literatur- und theaterwissenschaftliche wie sozial- und politikgeschichtliche Aspekte, um das Gesamtkunstwerk des Festes angemessen zu betrachten.

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Tagungsprogramm

Donnerstag, 4. Dezember 2014, Tagungszentrum Schloss Herrenhausen, Hannover

9.00 Uhr          Begrüßung und thematische Einführung

 

Sektion I:  Musik und Vergnügen am Hohen Ufer Venedigs: Zwischen Fabrikation, Modellbildung und Transfer – Methodische Überlegungen

9.30 Uhr          Prof. Dr. Joseph Imorde (Universität Siegen): Höfisches Zeremoniell und                                     Herrschaftliche Festkultur (Keynote) 

 

10.15 - 10.45 Uhr          Pause

 

10.45 Uhr  PD Dr. Stefan Keym (Universität Leipzig): Die internationale Aneignung  der „italienischen Oper“ im 17. und 18. Jahrhundert als Gegenstand der     Kulturtransferforschung (Keynote)

11.30 Uhr       Prof. Dr. Susanne Rode-Breymann: Italienische Akteurinnen                                                        des Kulturtransfers in den Norden? (Keynote)

 

Sektion II: Karnevals- und Festkultur in Venedig und nördlich der Alpen. Transfer,   Rezeption und Adaption (Teil 1)

 

12.15 Uhr     Julia Gehres (Johannes Gutenberg-Universität Mainz): "La
                     citta delle maschere". Maskierungsformen in der venzianischen Fest-                                          und Karnevalskultur 

 

13.00 - 14.00 Uhr          Mittagspause

 

Sektion II: Venezianischer Karneval und Maskierung (Fortsetzung)

 

14.00 Uhr    Prof. Dr. Ulrike Kammerhofer-Aggermann (Landesinstitut für Volkskunde       Salzburg): Höfische und ländliche Maskeraden in Salzburg

14.45 Uhr         Francesco Pezzi (Universität Augsburg / DHI Rom) […] ein guette sehr
                      stattliche und herrliche Music, weit besser, allß des khaisers
                      Music ist." Musik und Feste im Italien-Reisetagebuch Ferdinands von Bayern (1597) 

 

15.30 - 16.00 Uhr         Pause

 

Sektion III: Karnevals- und Festkultur in Venedig und nördlich der Alpen. Transfer, Rezeption und Adaption (Teil 2) 

 

16.00 Uhr     Prof. Dr. Helen Geyer (Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar): Blick in weite Fernen - Venedig als repräsentatives Vorbild für ausgewählte mitteldeutsch-thüringische Residenzen

16.45 Uhr  PD Dr. Panja Mücke (Philipps-Universität Marburg): Komik, Karneval und Decorum - Caldaras Commedie für Venedig und Wien

17.45 Uhr       Empfang und kleines Buffet (Schloss Herrenhausen)

20.00 Uhr       Konzert MUSICA ALTA RIPA mit Solist Riccardo Minasi

 

 

Freitag, 5. Dezember 2014, Tagungszentrum Schloss Herrenhausen, Hannover

 

Sektion IV: Inszenierung des Körpers, maskiert und unrasiert

 

9.00 Uhr         Dr. Sabine Herrmann (Georg-August-Universität Göttingen):  
                      Zwischen Ausschweifung und Prüderie: Libertinismus an europäischen
                      Höfen im 18. Jahrhundert

9.45 Uhr      Dr. Marina Ruffinazzi-Leue (Hannover): Die Karnevalsbrücke von Venedig nach Hannover 

 

10.30 - 11.00 Uhr          Pause

 

Sektion V: Die welfische Musik- und Festkultur. Musikalische Transferprozesse und                           Wirkungen (Teil 1)

 

11.00 Uhr  Dr. Margret Scharrer (Universität des Saaralandes, Saarbrücken): Bühnentänze amHof Ernst Augusts von Hannover 

11.45 Uhr      Stefanie Pritzlaff (Ludwig-Maximilians-Universität in München): „Il Caro Sassone“ – Johann Adolf Hasse zwischen Hannover und Venedig und seine Werke für die „Flauto Traversier“

12.30 Uhr   Dr. Sabine Ehrmann-Herfort (DHI Rom): italienische Festkultur als Vorbild. Musikalische Transferprozesse von Venedig und Rom an den Hof Johann Friedrichs zu Braunschweig-Lüneburg 

 

13.15 - 14.30 Uhr         Mittagspause

 

Sektion VI: Die welfische Musik- und Festkultur. Musikalische Transferprozesse und                            Wirkungen (Teil 2)

 

14.30 Uhr   Dr. Helen Coffey (Open University, UK): Venetian Musical Influences and  Carnival Festivities at the Hanover Court of George I

15.15 Uhr       Dr. Reinmar Emans (Universität Hamburg): Wolfenbüttel – ein Klein-Venedig?

 

16.00 - 16:30 Uhr          Pause

 

16.30 - 17:30 Uhr  Abschlussdiskussion

 

Teil 2 dieser Dopeltagung findet am 5. und 6. Februar 2015 in Venedig statt. 

Rahmenprogramm

Konzert

4. Dezember 2014, 20.00 Uhr, Tagungszentrum Schloss Herrenhausen, Herrenhäuser Straße 5, 30419 Hannover

Festliche Musik aus Hannover und Venedig 

Konzert MUSICA ALTA RIPA mit Solist Riccardo Minasi. Gespielt werden Werke von Agostino Steffani, Antonio Vivaldi, Giovanni Gabrieli, Baldassare Galuppi u.a.

Eintritt 10,00 EUR (ermäßigt 5,00 EUR), für Workshop-TeilnehmerInnen frei

Gefördert von der Stiftung Niedersachsen, der Klosterkammer Hannover und HDI Assicurazioni

Eintrittskarten: Buchhandlung an der Marktkirche (Tel.: 0511 306-307), HAZ-Ticketshop (Tel.: 0511 1212-3333) sowie an der Abendkasse.

Workshop

Italienische Musik des 17. und 18. Jahrhunderts

Workshop mit Riccardo Minasi, Konzertmeister des Ensembles "Il Pomo d'Oro"

2.-5. Dezember 2014, HMTMH, Institut für Alte Musik, Plathnerstr. 35, 30175 Hannover

Der Workshop richtet sich an alle an der Musik des 17. und 18. Jahrhunderts ’Interessierten’, vornehmlich aber an Violinstudierende, historisches Instrumentarium ist keine Voraussetzung für eine aktive Teilnahme.

Viola- und Violoncellostudierende sowie Kammermusikgruppen sind ebenfalls willkommen.

Die Teilnahme ist für Studierende an der HMTMH ist kostenlos.

Weitere Informationen bei Prof. Bernward Lohr.

Anmeldungen, gerne mit Repertoireangaben, bis spätestens 15.11.2014 an

Prof. Bernward Lohr
0511 85000470
0177 3432464
prof.b.lohr@t-online.de

Leitung, Konzeption und Kontakt

Wissenschaftliche Leitung
Dr. Nicole K. Strohmann (Forschungszentrum für Musik und Gender, HMTM Hannover) und Prof. Dr. Sabine Meine (Musikwissenschaftliches Seminar Detmold/Paderborn)

Veranstalter
Gemeinsame Veranstaltung mit der VolkswagenStiftung in Kooperation mit dem Musikwissenschaftlichen Seminar Detmold/Paderborn und dem Deutschen Studienzentrum in Venedig

Förderung
Gefördert von der VolkswagenStiftung

Kontakt

Dr. Nicole K. Strohmann
Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover
Forschungszentrum Musik und Gender (fmg)
Neues Haus 1
30175 Hannover

Tel.: + 49 (0) 511.3100-7333
Fax. + 49 (0) 511.3100-7330

E-Mail: nicole.strohmann@hmtm-hannover.de

Anmeldung

Die Teilnahme an der Tagung ist kostenfrei.

Anmeldungen unter Angabe von Name und Institution werden erbeten bis 30.11.2014 per E-Mail: Franziska Kirchhoff

 
Il Ritorno Del Bucintoro Al Molo Dopo La Festa Dello Sposalizio Simbolico Di Venezia Col Mare Nel Giorno Dell’ascensione, Ölgemälde von Giovanni Antonio Canal (Canaletto), (Staatliches Museum für Bildende Ku?nste A. S. Puschkin, Moskau)

Zuletzt bearbeitet: 01.03.2019

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