(Wahl-)Verwandtschaften (2022/23)

Ausstellung im Forschungszentrum Musik und Gender

Die diesjährige studentische Ausstellung wird im Rahmen der internationalen und interdisziplinären Tagung „(Wahl-)Verwandtschaften: Gemeinschaftliches kulturelles Handeln" (vom 7. bis 9. Juli 2022) eröffnet. Im Fokus stehen hier vier Frauen: Clara Schumann, Fanny Hensel, Ida Marie Lipsius und Sophia Dussek. Der Blick auf die kollaborativen Strukturen dieser musikschaffenden Frauen in der Musikgeschichtsschreibung zeigt eine deutliche Kohärenz: Die Quellenlage ist direkt abhängig von den kulturell akzeptierten männlichen (Wahl-)Verwandtschaften.

Der Aufbau der Ausstellung wurde bewusst als Kreis konzipiert. Die notwendige Ebene der theoretischen Aufarbeitung beginnt mit einem Blick auf Paar- und Geschwisterbeziehungen und den beiden populärsten Persönlichkeiten dieses Konzeptes: Clara Schumann und Fanny Hensel. Darauf folgen die Autorin Ida Marie Lipsius und die Komponistin Sophia Dussek, welche mit ihrem Werk „Sonata Op. 1 for the Piano or Harpsichord with an Accompaniment for Violin or German Flute“ auch die Ebene der praktischen Aufarbeitung ermöglichte: Die Pianistin Byuri Anna Choi und der Geiger Peter Son Goetz studieren an der Hochschule für Musik Detmold und haben im Rahmen dieses Projektes den ersten Satz der Sonate aufgenommen – bis heute die erste Aufnahme dieses Werks von Sophia Dussek.

Gegenüber erfolgt die Reflexion auf den Ebenen außerhalb der Kanonisierung und außerhalb Europas. Die Postkartensammling zeigt verschiedene Damen-Duos, Damen-Ensembles und Damen-Orchester in variierender Darstellung. Außerdem ermöglicht das interaktive Kunstwerk der Kölner Künstlerin Luca Wielage eine kritische Reflexion der Konzeption dieser Ausstellung, welche wechselseitig mit der Quellenlage zu verstehen ist. Der Mittelpunkt der Idee des Kreises ist die Säule, welche als Glossar der neuen Perspektiven funktioniert. Hier wird die Frage gestellt: Wie lassen sich popkulturelle Phänomene und aktuelle Diskurse über Frauenrollen und -bilder auf historische Aufarbeitung übertragen?

Aufgrund der historischen Grundlage dieser Ausstellung wurde bewusst der Begriff der musikschaffenden Frauen für die behandelten Akteurinnen gewählt. Das eindimensionale Frauenverständnis und die binäre Konstruktion der Geschlechter sollen an dieser Stelle nicht weiter reproduziert werden. Der Begriff FLINTA* soll an dieser Stelle Erwähnung finden. Er bezeichnet Frauen, Lesben, intersexuelle, nichtbinäre, trans und agender Personen – das bedeutet all jene, die aufgrund ihrer Geschlechtsidentität patriarchal diskriminiert werden.

Die Ausstellung entstand im Rahmen einer Kooperation mit dem Musikwissenschaftlichen Seminar Detmold/Paderborn.

Kuration: Hannah Otto und Byuri Anna Choi (Studierende des Musikwissenschaftlichen Seminars Detmold/Paderborn)

 

 

 
(Wahl-)Verwandtschaften. Illustration von Luca Wielage mit Porträts von Clara Schumannn, Ida Marie Lipsius, Sophia Dussek und Fanny Hensel

Zuletzt bearbeitet: 04.08.2023

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